Im März dieses Jahres hatte Bundestagspräsident Lammert vorgeschlagen, der Alterspräsident des Bundestages solle künftig nicht mehr nach Lebensjahren, sondern nach Jahren als Abgeordneter im Bundestag bestimmt werden. Offizielle Begründung: Die erste Sitzung nach der Wahl soll von jemandem geleitet werden, der über ausreichende Erfahrung verfügt.
Dass dies der wahre Grund für den Vorschlag ist, darf bezweifelt werden:
- Hat der derzeitige Alterspräsident Heinz Riesenhuber seinerzeit einen schlechten Job gemacht? Fehlte ihm die erforderliche Erfahrung?
- Warum kommt der Vorschlag erst jetzt und nicht schon zu Beginn dieser Legislaturperiode? Vielleicht weil damals noch nicht absehbar war, dass die AfD in den künftigen Bundestag einziehen und z. B. Herr Gauland Alterspräsident werden könnte?
- Würde Herr Gauland – mit Blick auf seinen bisherigen Werdegang – nicht über die nötige Erfahrung verfügen diese Sitzung zu leiten?
Schaut man sich die Aufgaben des Alterspräsidenten an, leitet er die konstituierende Sitzung bis zur Wahl des neuen Bundestagspräsidenten. Er darf zudem die Eröffnungsrede halten. Darüber hinaus hat er keine Befugnisse.
Es drängt sich der Verdacht auf, Herr Lammert möchte nicht, dass ein Abgeordneter der AfD die Eröffnungsrede hält. Dabei ist zum jetzigen Zeitpunkt noch überhaupt nicht klar, ob die AfD es in den Bundestag schafft und ob zum Zeitpunkt der konstituierenden Sitzung ein Abgeordneter der AfD Parlamentsältester ist!
Und, sollte es die AfD tatsächlich in den Bundestag schaffen, werden sich die Abgeordneten der anderen Parteien eh damit abfinden müssen, dass jemand von der AfD am Rednerpult steht. Es wird also durch den Vorschlag von Herrn Lammert nur ein Auftritt von vielen verhindert. Darüber hinaus schwächt er damit die Demokratie und stärkt indirekt die AfD, weil sie sich mal wieder in der Opferrolle präsentieren kann.
Was kommt als nächstes? Bislang gibt es mindestens einen stellvertretenden Bundestagspräsidenten aus jeder Fraktion. Wird das nach der Bundestagswahl auch noch so sein?
Der Bundestag darf sich eine neue Regel geben – und so verhindern, dass nach der Wahl eventuell ein AfD-Politiker die Eröffnungsrede des neuen Parlaments hält. Der Geschäftsordnungsausschuss stimmte einem Vorschlag von Bundestagspräsident Lammert zu.
Quelle: Bundestag: Neue Alterspräsidenten-Regel kann kommen | www.tagesschau.de